Text, Foto: Vilsbiburger Zeitung, 11.02.2015 (Georg Soller)

Klimaschutz - mal unterhaltsam präsentiert

Prof. Hartmut Graßl hat jahrzehntelang die Bundesregierung zu Fragen des Klimaschutzes beraten.

Gut besuchter Vortrag mit dem Klima-Professor Hartmut Graßl

Vilsbiburg. „Die Zwillinge Energiewende und Klimaschutz" hat Hartmut Graßl, Professor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, seinen Vortrag überschrieben, den er im städtischen Veranstaltungssaal in der Vhs gehalten hat. Der 74-Jährige verstand es, die komplizierten Zusammenhänge des Klimawandels anschaulich darzustellen. Ganz beiläufig und sehr unterhaltsam plauderte er vor knapp 100 Besucher auch über seine Erfahrungen mit bekannten Politikern, die er während seines langen Berufslebens beim Thema Klima beraten hat.

 

„Für mich ist dieses Thema mehr als 50 Jahre alt", begann Graßl seinen Vortrag: Der Begriff der Energiewende wurde von Deutschen Öko-Institut bereits 1980 thematisiert, also Jahrzehnte vor der Atom- Katastrophe von Fukushima, nach der man in Deutschland damit wirklich ernst gemacht hat. Und von den durch die Menschheit verursachten Veränderungen am Klima der Welt habe er bei einer Vorlesung im Jahr 1960 erstmals gehört. Allein diese beiden Zahlen machen deutlich: Bei diesem Thema benötigt man vor allem: Geduld.

 

Graßl, der mehrere Jahre das Weltklima-Forschungsprogramm der World Meteorological Organization in Genf leitete und sich im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll Verdienste erworben hat, beschreibt die Veränderungen ganz nüchtern mit Zahlen: Mehr als 90 Prozent der Gletscher schmelzen dramatisch ab, der Meeresspiegel ist in den vergangenen 20 Jahren stärker gestiegen als im Mittel des vergangenen Jahrtausends: „Weil sich das Klima beständigt ändert, lassen sich echte Veränderungen nur über Jahrzehnte beobachten", erläuterte Graßl, „aber schon heute ist ein Meeresspiegelanstieg über Jahrhunderte programmiert." Im Mittel steigt er seit 1993 um rund drei Millimeter pro Jahr.

 

Doch vielerorts weigert man sich, diese Fakten anzuerkennen denn: „Der heutige materielle Wohlstand beruht überwiegend auf der Nutzung fossiler Brennstoffe", sagt Grassl: Doch Kohle und Öl als Treibmittel der Wirtschaft haben eine Fülle von Umweltproblemen verursacht, für deren Folgen - darunter die Erwärmung der Erdatmosphäre - fast ausschließlich die Allgemeinheit bezahlt. „Das Verursacherprinzip wird daher schwer verletzt", sagt Graßl.

 

Positive Entwicklungen

 

Ähnlich bei der Energiewende: Auch hier haben die Bürger (dank Photovoltaik) deren Machbarkeit bewiesen - entgegen den jahrzehntelangen Falschaussagen der Energie- Oligopole. Und hier haben die Bemühungen der vergangenen Jahre gute Erfolge gezeigt, sagte Graßl: „2014 waren auf vielen zentralen Feldern positive Entwicklungen zu verzeichnen. So waren die erneuerbaren Energien erstmals wichtigste Quelle im Strommix, sie verdrängten mit einem Anteil von 27,3 Prozent am deutschen Stromeinsatz die Braunkohle von Platz 1. Gleichzeitig sank der Stromeinsatz um 3,8 Prozent, obwohl die Wirtschaft um etwa 1,4 Prozent wuchs." Und noch eine gute Nachricht hatte der Klima- Experte: Nicht Deutschland ist hier das Maß aller Dinge, China und Indien sind in großem Umfang auf dem Weg, erneuerbare Energieformen zu nutzen, weil der riesige Energiehunger dort aus fossilen Brennstoffen gar nicht zu stillen wäre.

 

Alles gut also: Nicht ganz. Die Abgase der vergangenen Jahrzehnte benötigen noch lange, bis sie in der Atmosphäre wieder abgebaut sind. Bis dahin wird sich die Menschheit mit Veränderungen in Flora und Fauna auseinandersetzen müssen. Ohne weiteren Klimaschutz würden bis Ende dieses Jahrhunderts Grönland und die Antarktis abschmelzen, prophezeite Graßl.

 

Deshalb sei es wichtig, für den Klimaschutz zu werben. Nicht überall erlebe er so aufgeschlossene Menschen wie in Vilsbiburg, „wo sich sogar der Bürgermeister meinen Vortrag anhört". Es gebe EUweit das verbindliche Ziel, dass die CO2-Emissionen dort im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent sinken müssen. Das Ziel sei „locker" zu erreichen, man müsse nur anfangen.