Text, Fotos: Vilsbiburger Zeitung, 16.03.2013, Michael Betz

Windrad wartet auf Rückenwind der Bürger

Unternehmer Josef Gold und der Vilsbiburger Klima-Manager Georg Strasser (re.) erläuterten Planungen für eine Windkraftanlage bei Vilssöhl.

Vorstellung eines möglichen Projekts bei Tattendorf - Skepsis über Wirtschaftlichkeit

Vilsbiburg/Velden. Bäume sind momentan die höchsten Erhebungen auf dem Hügel zwischen Vilssöhl und Tattendorf, genau dort, wo die Gemeinden Vilsbiburg und Velden aneinander grenzen. Aber wie lange noch ? Am Donnerstag wurde im Gasthaus Putz-Zviedris in Obervilslern ein Windenergie- Projekt vorgestellt, für das die Stadt Vilsbiburg und der Markt Velden gemeinsam bereits erste Überlegungen angestellt haben. Bevor man jedoch Steuergelder für weitergehende Untersuchungen ausgeben will, sollte die Akzeptanz der Anwohner geprüft werden. Und diese schien beim Treffen am Donnerstag zumindest fraglich, obwohl seitens der Kommunen versichert wurde, dass alles unternommen werde, um keinen Anlieger durch die Anlage zu beeinträchtigen.

 

Es ist eine zweischneidige Sache mit der Energiewende in Deutschland, das wurde am Donnerstag wieder einmal deutlich: Zwar weisen Umfragen immer wieder Mehrheiten für die Abschaltung von Kernkraftwerken aus, allerdings will mancher Bürger die in der Konsequenz notwendigen alternativen Stromquellen genauso wenig in der Nachbarschaft haben wie einen Atommeiler. So präsentierte sich die Lage auch am Donnerstag bei der Vorstellung der Windrad-Überlegungen des Marktes Velden und der Stadt Vilsbiburg: Klare Befürworter dieses Projekts standen vor allem auf der Seite der „offiziellen" Teilnehmer des Treffens, von einigen Bürgern kamen kritische, teils feindliche Argumente.

 

Vor allem entbrannte die Diskussion über die Frage des Windes am vorgesehenen Standort. Dieser liegt nördlich der Kreisstraße LA 16 zwischen Vilsbiburg und Velden, etwa auf Höhe der Abzweigung nach Vilssöhl. Vom Regionalen Planungsverband wurde das Gebiet direkt an der Grenze zwischen Vilsbiburg und Velden als eine der wenigen möglichen Flächen in der Umgebung ausgewiesen, wo Windenergie erzeugt werden könnte unter Beachtung eines Mindestabstandes von 500 Metern zwischen Windrad und Bebauung. Über die sogenannte „Windhöffigkeit", also die Wahrscheinlichkeit, dass der Wind an dieser Stelle auch wirklich den wirtschaftlichen Betrieb eines Windrades erlaubt, sagt das alles freilich noch nichts aus.

 

Etwas über diese Windhöffigkeit an dem Hanggelände könnte man nur durch ein detailliertes Windgutachten erfahren. „Das kostet rund 60 000 Euro und würde von den Kommunen Velden und Vilsbiburg gemeinsam finanziert", rechnete Georg Straßer vor, der Klimamanager der Stadt Vilsbiburg. Da es sich dabei um Steuergelder handle, komme es nicht in Frage, diese Summe ohne juristischen Rückhalt auszugeben, machte Straßer ebenfalls deutlich: „Wir wollen nicht, dass am Ende ein Investor von außen kommt und uns das Areal wegschnappt, deshalb wollen wir den Standort sichern."

 

Rücksicht auf Nachbarn

Gespräche mit den Grundeigentümern seien diesbezüglich bereits geführt worden, auch Papiere seien bereit zur Unterschrift - aber vorher sollten zuerst einmal alle möglichen Nachbarn des Windenergie- Projekts zusammengeholt und grundlegend informiert werden. Zwischen den Zeilen konnte man am Donnerstag auch immer wieder durchhören, dass darauf nicht zuletzt auch die Grundstücksbesitzer Wert legen, schließlich lebt es sich nicht unbedingt gut im ländlichen Raum, wenn alle Nachbarn wegen eines Windrads verschnupft wären. So sollte mit der Veranstaltung am Donnerstag neben der Information der Bürger auch das Stimmungsbild vor Ort ausgelotet werden.

 

Georg Straßer versuchte gemeinsam mit Solar- und Photovoltaik- Unternehmer Josef Gold aus Kirchroth (mit diesem realisierte unlängst die Stadt Vilsbiburg ihre Freiflächen-Photovoltaikanlage) den Bürgern die Ängste vor möglichen negativen Auswirkungen der Windkraftanlage zu nehmen. „Es werden alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten", bekräftigten Straßer und Gold mehrmals gemeinsam und zählten auf, wo das Gesetz zum Schutz der Nachbarn greift: Zum einen sei durchweg ein 500-Meter- Abstand der Anlage zur nächsten Bebauung eingehalten. Laut ersten Untersuchungen beeinträchtige auch das Laufgeräusch des Rotors keine Anwohner. Beim Schattenwurf komme man unter Annahme der maximal möglichen Schattenentwicklung teilweise über die Grenzwerte, dies könne man allerdings über die Wahl des Standortes noch ausgleichen, zeigten sich die Fachleute zuversichtlich. „Außerdem ist es möglich, die Anlage automatisch auszuschalten, wenn sie störenden Schattenwurf produzieren würde", fügte Josef Gold an. Detailliert berichtet wurde am Donnerstag auch über das mögliche weitere Vorgehen Grossansicht in neuem Fenster: An der Kreisstraße LA 16 bei Vilssöhl sieht der Regionale Planungsverband alle rechtlichen Aspekte für den Bau eines Windrads als erfüllt an.für die Realisierung einer Windenergieanlage an dieser Stelle: Laut Georg Straßer würde man zunächst die Standortfaktoren untersuchen, zum Beispiel die Zufahrtsmöglichkeiten und die Entfernung zur nächsten Einspeisemöglichkeit für den erzeugten Wind-Strom. Seien dabei alle Faktoren positiv untersucht, folge die Windmessung - „mindestens sechs Monate lang, besser noch ein Jahr", wie Josef Gold erläuterte. Untergrenze für einen Betrieb mit einer Kapitalrendite zwischen vier und fünf Prozent sei dabei eine Windgeschwindigkeit von mehr als 5,8 Metern pro Sekunde in 140 Metern über dem Boden - in dieser Höhe wäre nämlich die Nabe der angedachten Windkraftanlage mit einem 92-Meter-Rotor. Ergebe auch diese Untersuchung passable Werte, prüfe man das Gebiet noch auf weitere Kriterien, beispielsweise seltene Vögel.

 

Rendite aus der Windkraft

Gebe es für alles grünes Licht, könne man bauen - wenn vorher die Finanzierung geklärt werde. Josef Gold führt hierbei die Möglichkeit an, eine Beteiligungsgesellschaft unter Bevorzugung der Windanlagen- Nachbarn zu gründen; diese würden dann finanziell zu Nutznießern der Energiewende vor Ort. So recht überspringen wollte der Funke am Donnerstag aber nicht bei den Bürgern. Im Gegenteil von einigen Teilnehmern der Runde kam teils deutliche Skepsis. Vor allem möglicherweise mangelnder Wind, sinkende Grundstückswerte im Anlagen- Umfeld und gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Infraschall (also Schall unterhalb des normalerweise hörbaren Frequenzspektrums) wurden vorgebracht. Beide Seiten argumentierten dabei mit Untersuchungen, Statistiken und Gutachten, so dass eine Einigung nicht möglich war und der Eindruck blieb, dass das Windrad- Projekt vor einer technischen Realisierung auch einige Bürger-Hürden zu nehmen hätte.

 

Nachdem bereits der Veldener Bürgermeister Gerhard Babl die Energiewende zu Beginn der Veranstaltung als „wichtiges Problem" bezeichnet hatte, das einen Energiemix erfordere, brachte der Vilsbiburger Bürgermeister Helmut Haider am Ende das Dilemma der künftigen Energieversorgung auf den Punkt: „Eine Mehrheit der Bevölkerung will die Energiewende. Aber wir brauchen trotz der Abschaltung der Atomkraftwerke Strom."

 

 

Bildunterschriften

Oben: Unternehmer Josef Gold und der Vilsbiburger Klima-Manager Georg Strasser (re.) erläuterten Planungen für eine Windkraftanlage bei Vilssöhl.

 

Unten: Nachdenken über eine neue Windkraftanlage: Für diese Fläche an der Kreisstraße LA 16 bei Vilssöhl sieht der Regionale Planungsverband alle rechtlichen Aspekte für den Bau eines Windrads als erfüllt an, vor allem den notwendigen 500-Meter-Abstand zur nächsten Bebauung. Über den Wind an dieser Stelle und damit die Wirtschaftlichkeit einer Windanlage sagt diese Planung allerdings nichts aus. Bei der Informationsveranstaltung am Donnerstag zeigte sich auch, dass darüber die Meinungen von Befürwortern und Kritikern des Projekts auseinander gehen.