„Kurven waren nie meine Stärke"
Annalena Rettenberger erhält Manfred-Paech-Jugendsportpreis der Stadt Vilsbiburg 2013
Vilsbiburg. Sie fährt auf Inline-Skates mit bis zu 80 Stundenkilometern enge Passstraßen hinunter -auf einem Wettbewerb, für den sie eigentlich noch zu jung ist- und wird Vize-Weltmeisterin im Inline Downhill. Die 15-jährige Annalena Rettenberger aus Haarbach bekam für diese herausragende Leistung gestern in der Grundschulaula den Manfred-Paech-Jugendsportpreis 2013 von Bürgermeister Helmut Haider überreicht. Die Laudatio hielt Udo Nörl, der Nationaltrainer der deutschen Inline-Downhill-Mannschaft.
Bereits mit vier Jahren, als Annalena Rettenberger zum ersten Mal im Rahmen eines Skikurses in den Bergen war, packte sie das Rennfieber. Nach den ersten Abfahrten in Schlangenlinien wurde ihr schnell langweilig, und so beschloss sie, den Berg lieber geradeaus hinunterzudonnern. Ihre Skilehrerin kam ihr nicht hinterher - eine Rennfahrerin war geboren. Diese Anekdote aus den Anfängen ihrer Abfahrer-Zeiten erzählte Annalena Rettenberger in ihrer Dankesrede den zahlreichen Gästen, darunter frühere Preisträger, Stadträte, Ehrenbürger, Vertreter des Sports und die Familie der jungen Vilsbiburgerin. Die musikalische Gestaltung der Preisverleihung übernahm die Gruppe „Kir Royal".
Laudator Udo Nörl, Nationaltrainer der Inline-Downhill-Mannschaft, versuchte zunächst, den Gästen die Trendsportart Inline Alpin näherzubringen. Sie sei vergleichbar mit Skifahren auf Asphalt, enstand sie doch als Sommer-Traingsmethode für Skirennläufer. Der Sport habe von Anfang an zu kämpfen gehabt, da er von außen extrem gefährlich wirke, so Nörl. Der Laudator zog den Vergleich zum Radfahren, bei dem noch höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, der Schutz aber lediglich aus einem Helm bestehe.
Die Sicherheitsvorkehrungen beim Inline seien sehr hoch und man trage am ganzen Körper Schutzausrüstung. Seit mittlerweile 15 Jahren finden im Inline-Bereich mittlerweile Wettbewerbe auf Länder- und Bundesebene sowie Weltmeisterschaften statt. Auch beim Inline werden unterschiedliche Disziplinen wie Abfahrt, Slalom oder Inline-Cross gefahren. Schon Annalenas Skilehrer hatten schnell bemerkt: „Ihre Stärke ist das Schnellfahren, von Kurven sollte man sie lieber fernhalten." Trainingsschwerpunkt waren für die junge Skifahrerin fortan Abfahrt und Riesentorlauf.
Zur Vize-Weltmeisterin in nur einem Jahr
Als sie im Sommer auf das Inline-Training ihrer Vereinskameraden und Ausbilder aufmerksam wurde, wollte sie „das auch einmal ausprobieren". Und so kam es, dass Annalena Rettenberger im Frühjahr 2013 erstmals die Inline-Skates und Schutzkleidung anzog und anfing, ehrgeizig zu trainieren. Bereits im Frühsommer fuhr sie ihren ersten Wettbewerb in Italien. Nur wenige Monate später reichten ihre Trainer beim Internationalen Downhill Verband einen Sonderantrag ein, damit die erst 15-Jährige bei der Weltmeisterschaft in Lyon teilnehmen konnte; vorgeschrieben war ein Mindestalter von 16 Jahren. Der Antrag wurde genehmigt, und die junge Vilsbiburgerin legte den kometenhaften Aufstieg vom Neuling zur Vize-Weltmeisterin in nur einer Saison hin. In der Jahres-Gesamtwertung des Inline-Cross-Weltcups steht sie am Ende sogar auf dem ersten Platz.
Udo Nörl macht den Erfolg der jungen Sportlerin an drei tragenden Säulen fest: Das Elternhaus, das den Sport des Kindes fördert, gleichzeitig aber darauf achtet, dass schulische Leistungen nicht zu kurz kommen. Das Reifen in einem Sportclub wie dem TSV Haarbach, der zunächst einmal den Sport anbieten und für Nachwuchs attraktiv gestalten muss. „Das Schleifen des Diamanten" durch Vereinstrainer, die Experten ihrer Sportart sind und Talente früh erkennen und entsprechend fördern. Zusätzlich werde Annalena Rettenberger von Seba, einer der größten Inlineskate- Firmen weltweit gesponsort, wofür man dankbar sein müsse.
Filmvorführung zur Veranschaulichung
Im Anschluss an die Laudatio wurde ein Film gezeigt, der Aufnahmen während der Weltmeisterschaft in Lyon sowie Fotos und Ausschnitte aus Annalena Rettenbergers Anfängen auf den Skates zeigte. Der Film vermittelte dem Publikum ein konkretes Bild des Inline-Sports. Viele kannten Skates zwar als sportliches Fortbewegungsmittel in der Stadt, vom alpinen Downhill hatten jedoch die wenigsten ein Bild im Kopf. Schnell wurde klar: Da geht es rasant zur Sache. Die Rennfahrer donnern mit Geschwindigkeiten bis weit über 80 Stundenkilometer Serpentinenstraßen hinunter. Im Slalom wird, wie beim Skisport, mit Stöcken durch Stangen gefahren. Rettenbergers Werdegang vom kleinen Mädchen, das auf wackligen Beinen die Skipiste hinunterfuhr, bis hin zum Zieleinlauf als Vize-Weltmeisterin in Lyon, war gut nachzuvollziehen. Gut war auch zu sehen, dass in schwierigen Kurven zwar einige Stürze passieren, die Fahrer jedoch jedes Mal aufstehen und unversehrt weiterfahren. Auch die junge Vilsbiburgerin hat sich außer kleineren Schürfwunden bisher keine nennenswerten Verletzungen zugezogen.
Die Preisträgerin freut sich besonders darüber, dass die Stadt Vilsbiburg mit dem Preis eine Randsportart in den Mittelpunkt rückt. Viele ihrer Freunde und Vereinskameraden seien schon lange sehr erfolgreich im Inline, bekämen aber selten Aufmerksamkeit. „Kurven waren noch nie meine Stärke", gesteht sie und erklärt, dass die Geschwindigkeit ihr keine Angst mache, sondern vielmehr einen Reiz darstelle. Ihrer Familie spricht sie großen Dank aus. Vor allem ihren Geschwistern, die wegen ihrer Wettkämpfe oft zurückstecken mussten, und den Eltern für die tatkräftige Unterstützung.
Bürgermeister Helmut Haider erläuterte in seiner Begründungsrede die Entstehung des Manfred-Paech-Preises, dessen Namensgeber der Stadt sein Vermögen hinterließ. Aus diesem Erbe wurde ein Fonds angelegt, aus dessen Mitteln der Preis jährlich finanziert wird. Die Auszeichnung ist verbunden mit einem Geldbetrag über 500 Euro und einer Medaille, die vom Vilsbiburger Künstler Wolfgang Zeilbeck entworfen und von Arnaldo Baldassi aus Vilsbiburgs Partnerstadt Buja gefertigt wurde. Verliehen wird der Preis an junge Sportler, die durch ihre Leistungen überregional herausragende Verdienste erwerben, und die Stadt somit positiv repräsentieren.
Bildunterschrift links
Annalena Rettenberger mit Familie, Laudator Udo Nörl (links) und Bürgermeister Helmut Haider (rechts).
Bildunterschrift rechts
Zielkurve in Lyon. Nach nur einem Jahr Training fuhr Annalena Rettenberger vergangenes Jahr sensationell auf den zweiten Platz bei der Downhill-Weltmeisterschaft in Lyon. In der Gesamtwertung des Inline-Cross-Weltcups belegte sie am Ende sogar den ersten Platz. Dafür erhielt sie am Donnerstagabend den Manfred-Paech-Jugendsportpreis der Stadt Vilsbiburg 2013.